Hans
Diefenbacher/Renate Knüppel*
Kirche
und Klimaschutz – ein Überblick
Inhalt
1. Texte der EKD zum Klimaschutz
2. Synodenbeschlüsse zum Klimaschutz
4. Kirchliche Aktivitäten zum Klimaschutz
4.1 Projekte
zum Klimaschutz in den kirchlichen Einrichtungen
4.2 Umweltmanagement
in kirchlichen Einrichtungen
4.3 Umweltmanagement
bei Großveranstaltungen
5. Neubewertung der Kernenergie und
Endlagerproblematik
7. Klimaschutzprojekt der kirchlichen Werke: „Countdown to Copenhagen”
8. Internationale umweltpolitische
Zusammenarbeit der Kirchen
In wenigen Wochen beginnt der Weltklimagipfel in Kopenhagen. In den letzten Monaten ist zunehmend deutlich geworden, dass der bevorstehende Weltklimagipfel eine große Möglichkeit bietet, die internationale Staatengemeinschaft beim globalen Klimaschutz einen entscheidenden Schritt voranzubringen. Aber es besteht auch die Gefahr, dass diese Chance vertan wird, wenn mit den dort getroffenen Vereinbarungen die Treibhausgas-Emissionen nicht ausreichend oder nicht schnell genug verringert werden.
Aus diesem Anlass der bevorstehenden Weltkonferenz in Kopenhagen im Dezember 2009 möchten wir auf den folgenden Seiten einige Beschlüsse, Positionen und Programme von Kirchen und kirchlichen Einrichtungen vorstellen, die sich auf die Themen Klimawandel und Klimaschutz beziehen. Damit möchten wir zum einen den Prozess der Meinungsbildung in den Kirchen aufzeigen und zum anderen zeigen, wie Kirche versucht, das Leitbild und den Auftrag der Bewahrung der Schöpfung praktisch werden zu lassen. Wir dokumentieren damit sozusagen den Hintergrund beziehungsweise den Stand, auf dem die Stellungnahmen und Aktivitäten der Kirchen zur Konferenz in Kopenhagen ausgehen und aufbauen.
Der Rat der Evangelischen Kirche in
Deutschland hat sich in zahlreichen Publikationen in den letzten Jahren und
Jahrzehnten an die Öffentlichkeit gewandt und zu Fragen der Bewahrung der Schöpfung,
insbesondere zum Umweltschutz, geäußert:
·
Zusammen
mit der Deutschen Bischofskonferenz veröffentlichte der Rat der EKD im Jahr 1985 die Gemeinsame Erklärung „Verantwortung
wahrnehmen für die Schöpfung“;[i]
diese Erklärung enthält das Eingeständnis, dass die christliche
Theologie die drohenden Gefahren für die Umwelt nicht rechtzeitig erkannte und
in Verlegenheit geriet, als die Bedrohung der Umwelt plötzlich mit Macht ins allgemeine
Bewusstsein trat (S. 32). Zum Ökologieproblem werden drei Richtlinien für
verantwortliches Handeln genannt: die Ehrfurcht vor dem Leben, eine
vorausschauende Gefahrenabschätzung und eine nicht nur am ökonomischen Kalkül
orientierte Abwägung von Schaden und Nutzen menschlicher Eingriffe in die
Natur. Die damals formulierten Forderungen für ein „neues Denken und Handeln“
lesen sich auch heute noch überraschend aktuell: Angemahnt wird ein neuer,
umweltverantwortlicher Lebensstil, das Denken in ökologischen Systemzusammenhängen,
ökologisch verträgliches Wirtschaften, hier vor allem die Entwicklung von „sanften“
und „alternativen“ Technologien sowie ein Engagement bei selbstorganisierten,
kleinen und überschaubaren Betriebsformen. Von der Politik wird die Setzung von
Rahmendaten verlangt, die ökologisch sinnvolles Verhalten nicht durch
Wettbewerbsnachteile bestrafen.
·
Das
gemeinsame Wort „Für eine Zukunft in Solidarität und Gerechtigkeit“ von 1997 richtet kirchliche Schöpfungsverantwortung
an dem Leitbild einer nachhaltigen und zukunftsfähigen Entwicklung aus.[ii]
Die Kirchen waren wohl mit die ersten der großen Institutionen, die den
Begriff der nachhaltigen Entwicklung zur Beschreibung ihrer Aufgaben verwendet
und in ihre Programmatik aufgenommen haben. Auf der „Weltkonferenz des Ökumenischen
Rates der Kirchen (ÖRK) über Wissenschaft und Technologie für eine menschliche
Entwicklung” 1974 in Budapest wurde das Studienprogramm „Suche nach einer
gerechten, partizipatorischen und überlebensfähigen Gesellschaft“ (Just,
Participatory and Sustainable Society - JPSS) entworfen.[iii] Die fünfte
ÖRK-Weltversammlung 1975 in Nairobi verabschiedete JPSS als Arbeitsschwerpunkt
der Weltkirchengemeinschaft für das darauf folgende Jahrzehnt. Daraus entwickelte
sich der konziliare Prozess für Gerechtigkeit, Frieden und die Bewahrung der
Schöpfung (Justice, Peace and Integrity of Creation - JPIC). Diese frühzeitige
Schwerpunktsetzung der Kirchen aus Nord und Süd hat den internationalen Diskurs
über Nachhaltigkeit mit geprägt. Nachhaltigkeit als grundlegendes Leitbild für
zukünftige und zukunftsfähige Entwicklungen hat seit der Konferenz von Rio in
verschiedenen kirchlichen Erklärungen und Verlautbarungen große Beachtung
gefunden. bezeichnet die Vernetzung der sozialen, ökonomischen und ökologischen
Problematik als Ziel der Bewusstseinsbildung für eine christliche Weltgestaltung.
Es fordert eine stärkere ökologische Ausrichtung der Wirtschaft, die Abkehr vom
rein quantitativen Wirtschaftswachstum und – zur Wahrnehmung der Verantwortung
für die „Eine Welt” – eine Aufwertung der Entwicklungspolitik sowie ein
verbessertes Mitspracherecht der armen Länder in internationalen
Wirtschaftsgremien.[iv] Nachhaltigkeit wird hier
also unter den grundlegenden ethischen Perspektiven wie Gottes- und Nächstenliebe,
vorrangige Option für die Armen, Schwachen und Benachteiligten, Gerechtigkeit,
Solidarität und Subsidiarität eingereiht (3.3). „Die Zielperspektive der
Nachhaltigkeit“, so heißt es dort (3.3.5.), „schließt vor allem die Verantwortung
für die Schöpfung ein.“ Und weiter: „Die christliche Soziallehre muss künftig
mehr als bisher das Bewusstsein von der Vernetzung der sozialen, ökonomischen
und ökologischen Problematik wecken.“
·
1995 hat zuerst der
Umweltbeirat der EKD einen umfassenden Text zum Klimaschutz veröffentlicht: „Gefährdetes Klima - Unsere Verantwortung für
Gottes Schöpfung.“[v]
Dieser Text versucht, auf dem Hintergrund der Entwicklungen der vorangegangenen
Jahre die grundlegende Problemstellung zu beschreiben, die zu der Kluft
zwischen dem Erkennen notwendiger Schritte und deren mangelnder Umsetzung
führt. Die theologische und die ethische Dimension der möglichen
Klimaveränderungen werden angesprochen und in ihrer Bedeutung für die „alltägliche“
Politik aufgezeigt. Schließlich benennt der Text mögliche nächste Schritte, die
in der Politik wie auch in den Kirchen gegangen werden sollten. Dabei wird
deutlich gemacht, dass eine Politik des Klimaschutzes nur erfolgreich sein
kann, wenn es für sehr viele Bereiche des Lebens einen tief greifenden Wertewandel
gibt.
·
Die Evangelische Kirche in Deutschland und die
Deutsche Bischofskonferenz haben sich angesichts der UN-Konferenz für
Nachhaltigkeit und Entwicklung vom 26.8. – 4.9.2002 in Johannesburg („Rio + 10“) für den globalen Klimaschutz
durch schnelle Ratifikation, Umsetzung und Fortentwicklung des Kyoto-Protokolls
eingesetzt, das eine Verringerung des CO2-Ausstosses der
Industrieländer um insgesamt 5,2 % im Vergleich zu 1990 bis zum Jahr 2005
vorsieht. Die Industrienationen haben hier eine besondere Verantwortung (siehe
Anlage 1). Die Kirchen unterstützten deshalb die Initiativen in der Europäischen
Union, die für eine Klima- und Energiepolitik eintraten, die über diesen Minimalkonsens
deutlich hinausgeht. Die konsequente und langfristig sichere Förderung des
Energiesparens, der Energieeffizienz und erneuerbarer Energien in Deutschland
und weltweit ist eine unverzichtbare Basis nachhaltiger Entwicklung.
·
Der Ratsvorsitzende der EKD hat 2004 aus Anlass der aktuellen
Auseinandersetzung um den Emissionshandel die deutsche Industrie aufgefordert,
die freiwillig übernommenen Verpflichtungen zu erfüllen (siehe Anlage 2).
Wenn die Deutsche Industrie dem nicht nachkomme, blockiere sie den Beitrag, den
Deutschland für den Erhalt menschenwürdiger Lebensbedingungen auf der Erde
leisten könne und müsse.
·
Der Ratsvorsitzende der EKD hat sich am 30. Mai 2007 mit einem eindringlichen Appell „Es ist nicht zu spät für eine Antwort
auf den Klimawandel“[vi] an
Politik, Gesellschaft und Kirche gewandt, ihre Verantwortung angesichts des
Klimawandels zu erkennen und entschlossen zu handeln. Drei Feststellungen
begründen Wolfgang Hubers dringlichen Aufruf zum Handeln: „Wir müssen ernsthaft
mit einer Klimakatastrophe rechnen. – Wir müssen anerkennen, dass sie in
erheblichem Umfang durch menschliches Handeln ausgelöst ist. – Um die globale
Erwärmung zu begrenzen, müssen wir zu schnellen und entschlossenen Maßnahmen
bereit sein.“
·
Im Juli 2009
schließlich veröffentlichte der Rat der EKD eine Denkschrift unter dem
Titel „Umkehr zum Leben – Nachhaltige Entwicklung im Zeichen des Klimawandels“.[vii]
In ihr wird dargestellt, dass die Herausforderungen, vor die der Klimawandel
Politik, Wirtschaft, Gesellschaft und Kirche stellt, gewaltig sind. Es gehe um
das Überleben vieler und ein würdiges Leben aller Menschen. Am härtesten seien
diejenigen betroffen, die am wenigsten zum Klimawandel beitragen: die Armen in
den Entwicklungsländern. Darum vergrößere sich im Klimawandel die Kluft
zwischen Arm und Reich. Die Denkschrift will einen Beitrag zur Klärung der
Frage leisten, wie wirtschaftliche Interessen, die grundlegenden
Lebensbedürfnisse einer wachsenden Zahl von Menschen, die Rechte künftiger
Generationen und die Erhaltung der natürlichen Ressourcen angesichts des
Klimawandels miteinander in Einklang gebracht werden können.
Neben mehreren
Beschlüssen der EKD-Synoden zur Kernenergie finden sich zum Klimaschutz vor
allem zwei Beschlüsse aus den letzten beiden Jahren. Im November 2008 war das Schwerpunktthema der EKD-Synode „Klimawandel
– Wasserwandel – Lebenswandel“. Das für die Synode erarbeitete Lesebuch[viii] ist
zusammen mit den Texten während der Synode (Kundgebung, Synodenbeschluss,
Referate) in einer epd-Dokumentation veröffentlicht worden.[ix]
Die EKD-Synode
hat 2008 beschlossen, den Rat der EKD zu bitten, der
Arbeit für Schöpfungsverantwortung in der EKD einen gewichtigeren Platz
einzuräumen und den Gliedkirchen vorzuschlagen, das Ziel anzustreben, im Zeitraum
bis 2015 eine Reduktion ihrer CO2-Emissionen um 25% – gemessen am
Basisjahr 2005 – vorzunehmen. Dazu mögen die Gliedkirchen zur Klimaproblematik
Runde Tische bilden.[x] Dieser Beschluss wurde auf der
EKD-Synode in Bremen einstimmig verabschiedet. Inzwischen kann man sagen, dass
es viele Landeskirchen gibt, die versuchen, diesen Beschluss umzusetzen.
Es hat sich dabei allerdings herausgestellt, dass die Berechnung der genauen
Höhe der CO2-Emissionen für Landeskirchen einige Probleme aufgibt,
die sowohl das Rechenverfahren als auch die Datenverfügbarkeit betreffen. Um
diese Probleme zu bewältigen, wird derzeit ein einheitlicher Leitfaden von der Forschungsstätte der Evangelischen
Studiengemeinschaft (FEST) entwickelt.[xi]
Auch auf der
Tagung der EKD-Synode in Ulm 2009
wurde in einem Beschluss erneut der Klimaschutz thematisiert.[xii] Die
Landeskirchen werden gebeten, dazu ehrgeizige und wirksame Selbstverpflichtungen
einzugehen und umzusetzen und die internationale Kampagne „Countdown to
Copenhagen“ auf allen Ebenen zu unterstützen. Außerdem wurde die Bundesregierung
aufgefordert, sich bei der bevorstehenden 15. UNFCCC Vertragsstaatenkonferenz
in Kopenhagen verbindlich zu verpflichten,
– die Treibhausgasemissionen Deutschlands bis zum Jahr 2020 gegenüber dem Basisjahr 1990 um mindestens 40% zu reduzieren, wobei die Reduktion weitestgehend durch Einsparungen in Deutschland selbst erfolgen soll und sogenanntes „Off-Setting“ (d.h. die Anrechnung von Einsparungen, die vermittels deutscher Finanzierung in Entwicklungsländern erbracht werden) nicht wesentlich auf die Minderungsziele angerechnet werden sollte;
– sich auf nationaler und internationaler Ebene in einer der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit entsprechenden Form an den Kosten zu beteiligen, die für Anpassungs-maßnahmen in vom Klimawandel betroffenen Entwicklungsländern heute und künftig anfallen, um die negativen Auswirkungen des Klimawandels abzufedern, um Katastrophenrisiken durch Prävention zu reduzieren, um Versicherungsinstrumente zum Schutz vor Klimarisiken etwa für die Landwirtschaft einzuführen und um die Verwirklichung der elementaren Menschenrechte wie etwa die Rechte auf Nahrung, Wasser, Wohnen und Gesundheit nicht klimabedingt zu gefährden;
– in enger Abstimmung mit den betroffenen Ländern – etwa der Südpazifikregion – geeignete Maßnahmen zu ergreifen und finanzielle Mittel bereit zu stellen, damit Menschen, deren Existenzgrundlage durch den Klimawandel so stark gefährdet wird, dass Anpassungsmaßnahmen keinen Schutz mehr bieten, entschädigt werden und ihnen neue Lebensperspektiven ermöglicht werden.
– Die für die o.g. Maßnahmen zu Klimaschutz, Anpassung, Kompensation und Rehabilitation in Entwicklungsländern notwendigen Mittel zusätzlich zu den zugesagten Mitteln für die Entwicklungszusammenarbeit (ODA) bereitzustellen.
Zu den
Kirchlichen Forderungen finden sich zwei Kapitel in der Denkschrift „Umkehr zum
Leben“ von 2009 (s. Kapitel 6 und 7);[xiii]
außerdem wurden dort die von der Synode 2008 formulierten „Zehn Schritte zum
schöpfungsgerechten Handeln“[xiv]
erneut aufgenommen (S. 148ff):
1.
Für Gottes Schöpfung eintreten: Als Kirche wollen wir den Klimaschutz als
Querschnittsaufgabe verstehen. Auf lokaler, nationaler und internationaler
Ebene müssen wir dafür Sorge tragen, dass das Klima konsequent geschützt wird.
Dieses bedeutet vor allem eine Reduzierung des Ausstoßes von Treibhausgasen.
2.
Verantwortung für die Bewahrung der Schöpfung einüben: Den Gliedkirchen wird nahe
gelegt, Bildungs- und Jugendarbeit, insbesondere mit Hilfe der Studie „Zukunftsfähiges
Deutschland in einer globalisierten Welt“ in den Gemeinden und kirchlichen
Einrichtungen zu fördern, um das notwendige energie- und klimapolitische
Umdenken in der Gesellschaft voranzubringen. Als Institution Kirche mit unseren
Werken und Einrichtungen nehmen wir aktiv an der gesellschaftlichen Debatte
über den Zusammenhang von Klimawandel und Gerechtigkeit teil.
3.
International eine gerechte Klimapolitik fördern: Gemeinsam mit unseren ökumenischen
Partnern sollten wir Programme zu einer gerechten Klimapolitik, zur
nachhaltigen Nutzung von Ressourcen, Maßnahmen zur Katastrophenvorsorge und
Anpassung auflegen und finanziell besser als bisher ausstatten.
4.
Umweltarbeit in den Kirchen ausreichend ausstatten: Kirchliche Haushalte sind
aufgerufen, mehr finanzielle und personelle Mittel zur Verfügung zu stellen, um
die dringend notwendigen Maßnahmen zum Umweltschutz umzusetzen. Die finanziellen
Mittel sollen gezielt für den ökologischen Umbau auf allen kirchlichen Ebenen
eingesetzt werden. Alle Landeskirchen sollen ihre Gebäude, ihren Energiebedarf,
ihr Beschaffungswesen und ihren Ressourcenverbrauch nachhaltig bewirtschaften.
Dazu bedarf es überprüfbarer Kriterien (wie z. B. das
Umweltmanagement-System „Grüner Hahn/Grüner Gockel“ und die Zertifizierung nach
der EMAS-Verordnung), Beratungskapazität und Evaluation der Projekte. Wir appellieren
an jede Landeskirche, ihr haupt- und ehrenamtliches Engagement im Umweltbereich
zu verstärken und finanziell angemessen auszustatten.
5.
Klima schonende Mobilität fördern: Das Verkehrssystem trägt wesentlich zur
Erhöhung der Treibhausgasemissionen bei. Eine wirksame Reduktion der Emissionen
im Verkehr ist mit einer Veränderung des Mobilitätsverhaltens verknüpft.
Kirchen, Gemeinden und Landeskirchen sind aufgerufen, leitende Geistliche,
Mitarbeitende und Gemeindeglieder zu motivieren, möglichst Klima schonend unterwegs
zu sein. Sie sollten Tickets des öffentlichen Personennahverkehrs (ÖPNV)
anbieten, Fahrgemeinschaften bilden, wenn möglich Telefon- und Videokonferenzen
anstelle von Dienstreisen abhalten, Flugreisen reduzieren oder kompensieren,
möglichst Pkw mit niedrigem CO2-Ausstoß nutzen und ein Tempolimit
von 130 km/h auf Autobahnen einhalten.
6.
Wasser nachhaltig und verantwortlich nutzen: Im globalen Maßstab wird
der Klimawandel zu regionalen und nationalen Konflikten um die Wassernutzung führen.
Das bedeutet im Blick auf eine gerechte Klima- und eine nachhaltige Entwicklungspolitik,
dass wir unsere Konsumgewohnheiten überprüfen, denn mit jeder importierten Ware
verbrauchen wir das Wasser anderer Länder, das für deren Produktion eingesetzt
wurde, erhöhen die CO2-Emissionen durch die aufwendigen Transporte
rund um den Globus und tragen zur Verknappung des Lebensmittels Wasser bei.
Auch die Kirche als Institution ist gefragt, über ihre Partnerschaften und Entwicklungswerke
Wasserversorgungsprojekte in anderen Regionen der Welt zu unterstützen, lokale
Initiativen zur Reinhaltung des Wassers zu ergreifen und zur Gerechtigkeit bei
der Nutzung des kostbaren und lebensnotwendigen Wassers beizutragen.
7.
Biologische Vielfalt erhalten: Mit dem Klimawandel und unserer
Ernährungsweise gehen für zahlreiche Tier- und Pflanzenarten hohe Belastungen
und damit die Gefahr der Verdrängung und Ausrottung einher. Die Vielfalt der
Lebensräume und die biologische Vielfalt auf regionaler, nationaler und
globaler Ebene gilt es zu erhalten, dies ist auch ein Beitrag zur
Generationengerechtigkeit. Die Kirchen und kirchlichen Einrichtungen nehmen
ihre Verantwortung für die Bewahrung der Schöpfung wahr, wenn sie ihre
kirchlichen Außenanlagen und landwirtschaftlichen Flächen in Kirchenbesitz
konsequent naturverträglich bewirtschaften und Pachtverträge mit Dritten in
diesem Sinne überprüfen.
8.
Zukunftsfähig im Energiebereich handeln: Das heutige System der
Energieversorgung und Energienutzung ist nicht zukunftsfähig. Energie muss
nachhaltig genutzt werden. Strategien dafür sind: Energie einsparen, Energie
effizient einsetzen sowie erneuerbare Energieträger nutzen, fördern und
ausbauen. Vorhandene kirchliche Gebäude sollten klimatechnisch saniert und mit
Techniken zur Nutzung erneuerbarer Energien ausgestattet werden.
9.
Am Ausstieg aus der Kernenergie festhalten: Kernenergie ist kein
verantwortlicher Beitrag zum Klimaschutz und behindert den notwendigen Umbau
der Energieversorgung.
10.
Bewusst nachhaltig wirtschaften: Ein umfassender Mentalitätswandel ist
unabdingbar. Nachhaltigkeit, Klimaschutz und Verteilungsgerechtigkeit müssen
für den Umgang mit den natürlichen Ressourcen handlungsleitend sein. Die Kirche
mit ihren Institutionen und Werken muss sich selbst in die Pflicht nehmen, in
allen Handlungsebenen ihren Beitrag zu einer gerechten Klima- und einer nachhaltigen
Entwicklungspolitik leisten und darüber hinaus sich dafür einsetzen, dass die
Gesellschaft in allen Lebensbereichen umsteuert.
In
das für die
Synode erarbeitete Lesebuch 2008 (veröffentlicht in der genannten
epd-Dokumentation)[xv] wurden
einige Projekte vorgestellt, die von Kirchenleitungen, Kirchengemeinden und
anderen kirchlichen Institutionen in den letzten Jahren zu den Themen Klimaschutz
und Wasser durchgeführt worden sind (siehe dort S. 37-61). Diese Zusammenstellung
ist naturgemäß nur eine subjektive Auswahl der Verfasser, zusammengestellt
unter dem Gesichtspunkt, vor allem solche Projekte aufzunehmen, die auch in
andere kirchliche Kontexte quasi „als Blaupause“ übertragen werden könnten.
Viele dieser Projekte gibt es in ähnlicher Form auch an anderen Orten.
Ein Schwerpunkt der Tätigkeit kirchlicher Umweltbeauftragter in den letzten Jahren bestand in Programmen, Umwelt- und Energiemanagement-Systeme in kirchlichen Einrichtungen einzuführen beziehungsweise weiter zu deren Verbreitung beizutragen. Mittlerweile sind knapp 500 kirchliche Einrichtungen, davon etwa zwei Drittel evangelische – von „einfachen“ Kirchengemeinden über Tagungsstätten und Klöster sowie Alten- und Pflege-Einrichtungen bis zu Verwaltungsstellen, darunter nicht zuletzt das Kirchenamt der EKD – erfolgreich nach der EG-Öko-Audit-Verordnung (EMAS) oder nach dem – inhaltlich gleichwertigen – kirchlichen Umweltmanagement-Siegel „grüner Gockel/grüner Hahn“ zertifiziert. Eine große Zahl weiterer Einrichtungen ist derzeit dabei, den dazu erforderlichen Vorbereitungsprozess durchzuführen. Damit bilden die Kirchen einen nicht unerheblichen Anteil an den „Umweltmanagement-Betrieben“ in Deutschland insgesamt. Einige Landeskirchen haben extra Personalstellen eingerichtet, um diese Programme in die Breite ihrer Gemeinden und Einrichtungen zu bringen, in anderen Landeskirchen muss hier noch „Entwicklungsarbeit“ geleistet werden, um die Zertifizierung nach EMAS bzw dem „grünen Hahn/grünen Gockel“ zu verbreiten.
Die in den letzten Jahren gewonnenen Erfahrungen haben weiter bestätigt, dass kirchliche Einrichtungen, aber auch Kirchengemeinden erfolgreich ein Umweltmanagement-System aufbauen und in der alltäglichen Praxis verwenden können, das den Anforderungen der EU-Normen genügt. In der überwiegenden Zahl der Fälle hat sich erwiesen, dass dabei nicht nur in ökologischer Sicht positive Effekte erzielt werden konnten, sondern auch ein finanzielles Einsparpotenzial aufgespürt und umgesetzt werden konnte. Bei steigenden Energiepreisen kommt diesem Potenzial eine wachsende Bedeutung zu.
Um einen Beitrag zur Sicherung der Qualitätsstandards in diesem Bereich zu leisten, hat sich ein Netzwerk „Kirchliches Umweltmanagement“ (KIRUM) gegründet,[xvi] in dem entsprechende Fragen diskutiert und Impulse zur weiteren Verbreitung von Umwelt- und Energiemanagement-Systemen gegeben werden. KIRUM sichert auch die Qualitätsstandards des „Grünen Hahns/Grünen Gockels“.
Im Rahmen der nationalen Klimaschutzinitiative wurde im Juni 2008 ein Förderprogramm vom Bundesumweltministerium aufgelegt. Seit dem 1. September 2008 ist mit Finanzierung der EKD ein „Projektbüro Klimaschutz“ in der Forschungsstätte der Evangelischen Studiengemeinschaft (FEST) in Heidelberg mit einer halben Stelle eingerichtet worden. Das Projektbüro hat die Aufgabe, bei der Entwicklung qualifizierter Klimaschutz-Vorhaben zu unterstützen, bei der Antragsstellung im Förderprogramm zu beraten und zu helfen, da ein qualifizierter Antrag einen komplizierten, aber sehr entscheidenden Punkt für eine erfolgreiche Förderung darstellt. Antragsberechtigt sind unter anderem Kirchen, Kirchengemeinden und kirchliche Einrichtungen. Die Stelle wird von den Landeskirchen, aber auch von den mit der Durchführung des Förderprogramms betrauten Stellen inzwischen sehr gut angenommen.
Der Deutsche
Evangelische Kirchentag (DEKT) ist seit 2007 nach dem Eco-Management and
Audit Scheme (EMAS) zertifiziert.[xvii] Er ist die erste
regelmäßig stattfindende Großveranstaltung, die ihr Umweltmanagement-System
nach EMAS überprüfen ließ. Die Forschungsstätte
der Evangelischen Studiengemeinschaft (FEST) hat diese Verfahren beratend begleitet
und die entsprechenden Arbeiten auch für den Kirchentag in Bremen 2009 durchgeführt;
das Bundesumweltministerium hat den Kirchentag bei der Durchführung von Klimaschutzprojekten
unterstützt. Um Umweltmanagement bei Großveranstaltungen auch für andere leichter
handhabbar zu machen, haben Mitarbeiter von FEST und DEKT die Erfahrungen und
notwendigen Schritte in einem Leitfaden zusammengefasst. Dieser Leitfaden und
die Praxis des Kirchentags waren Grundlage der Übertragung eines angepassten Umweltmanagements
auf die 3. Europäische Ökumenische Versammlung in Hermannstadt/Sibiu im September
2007 und auf die Generalversammlung der Konferenz Europäischer Kirchen in Lyon
im Juli 2009.
Das Präsidium der
Synode der EKD hatte im Sommer 2007 beschlossen, die CO2-Emissionen,
die bei der Synode in Dresden durch die Anreise der Synodalen und durch das
Hotel- und Kongresszentrum während der Synodaltagung anfallen, durch
Ausgleichsmaßnahmen zu kompensieren.[xviii] Das
Präsidium der Synode hat beschlossen, die Kompensionszahlungen einem Aufforstungsprojekt
in der Nähe von Hermannstadt/Sibiu zuzuwenden. Auch die Synoden 2008 und 2009 haben einen aktiven Beitrag zum Umweltschutz
durch die Kompensation der Kohlendioxid-Emissionen, die während ihrer Tagungen
angefallen sind, geleistet.[xix]
Die
Deutsche Bundesstiftung Umwelt (DBU) hatte von 2000 bis 2003 ein Förderprogramm
„Solarenergie auf Kirchendächern“ initiiert, das eine unerwartet hohe
Aufmerksamkeit bei Kirchengemeinden gefunden hatte.[xx] Das Förderprogramm war in
einem Beratungsgremium abgestimmt worden, in dem evangelische und katholische
Umweltbeauftragte mit Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern der DBU zusammengearbeitet
haben. Der Erfolg des Projekts bei Kirchengemeinden hatte die DBU dazu
motiviert, die Gesamt-Fördersumme auf über 13 Millionen Euro – gegenüber dem
zunächst vorgesehenen Etat von 6 Millionen Euro – mehr als zu verdoppeln.
Insgesamt konnten 714 Vorhaben gefördert werden, davon 463 evangelische
Gemeinden. Alles in allem waren über 930 Anträge gestellt worden, davon über
600 aus dem Bereich der evangelischen Kirchen. Dass das Programm so gut angenommen
wurde, ist insbesondere auch dem Einsatz der landeskirchlichen
Umweltbeauftragten und ihrer Beratungstätigkeit
zu verdanken.
Die Zahl der Gemeinden, die sich praktisch
auf dem Gebiet der Solarenergie engagieren, ist mittlerweile auf über 1.000
gestiegen. In der Zwischenzeit haben weit über 300 Gemeinden den Bau fotovoltaischer
oder solarthermischer Anlagen auch ohne die Bezuschussung aus dem Förderprogramm
der DBU realisiert. Aufgrund der derzeitigen Einspeisevergütung und durch
unterschiedliche kommunale und Länder-Förderprogramme sind die Anlagen in
vielen Fällen fast schon wirtschaftlich. Es zeigt sich außerdem, dass „kirchliche
Solaranlagen“ in den jeweiligen Ort oft einen beträchtlichen Multiplikatoreneffekt
ausüben.
4.5 Ökologische Beschaffung in kirchlichen
Einrichtungen
Unter dem einprägsamen Titel „Zukunft einkaufen“ findet derzeit ein weiteres ökumenisches Ökologie-Projekt statt, das unmittelbar auch als Klimaschutzprojekt wirkt.[xxi] Ziel des Projektes, welches sich an die Studie „Zukunftsfähiges Deutschland“[xxii] anlehnt, ist es, dass eine ökologische und sozial verträgliche Produktion das ausschlaggebende Kriterium in der Beschaffung wird. Das Projekt möchte dazu beitragen, dass die Kirchen durch systematische Umstellung auf ökofairen Konsum ein sichtbares Zeichen für die Bewahrung der Schöpfung setzen. Für alle, die diese Idee vor Ort in Gemeinden oder kirchlichen Einrichtungen umsetzen oder ausweiten wollen, sind Arbeitsmaterialien entwickelt worden, die von dem Projektbüro zu beziehen sind. Am Projekt beteiligen sich bundesweite Einrichtungen und eine Vielzahl von Regionen, in denen ausgewählte Gemeinden, Verbände, Bildungseinrichtungen und zentrale Beschaffungsgremien sich bereit erklären, das eigene Beschaffungswesen ökologisch und fair auszurichten und ihre Erfahrungen an andere Einrichtungen weiterzugeben.
In den letzten
Jahren ist die Diskussion zum Ausstieg aus der Nutzung der Kernenergie immer
wieder aufgeflackert – dabei geht es entweder „nur“ um den Zeitplan oder um den
Ausstieg insgesamt. Die kritischen Äußerungen zum Ausstieg konzentrieren sich
nach wie vor auf die Argumente:
–
Kernenergie wird als eine Möglichkeit dargestellt,
zur Minderung der Kohlendioxid-Emissionen beizutragen.
–
Kernenergie erhöht die Versorgungssicherheit in
einer Zeit, in der die Hauptquellen nicht erneuerbarer Energieträger in
politisch wenig stabilen Ländern sind.
–
Kernenergie steigert die Wettbewerbsfähigkeit, da
die Preise für Erdöl und Erdgas vor allem aufgrund zunehmender Nachfrage aus
den Schwellenländern stark steigen werden.
Bei
einer Tagung in der Evangelischen Akademie Tutzing, die von Deutschen Naturschutzring
sowie von evangelischen und katholischen Umweltbeauftragten mit veranstaltet
wurde, wurden die unterschiedlichen Positionen zu dieser Frage gesichtet und
ein Argumentationspapier unter dem Titel „Kernenergie und Klimaschutz“ (Thesen
hier Anlage 5) erarbeitet.[xxiii] Sein
Fazit: Bei der jüngsten Debatte um eine Neubewertung der Kernenergie aus Gründen
des Klimaschutzes werden keine wirklich neuen Argumente ausgetauscht; deshalb
sollte der Plan zum Ausstieg aus der friedlichen Nutzung der Kernenergie in der
Bundesrepublik Deutschland mit unverändertem Zeitplan beibehalten werden. Die
Gründe, die auch die Synode der EKD mehrfach bewogen hat, die Beendigung der
friedlichen Nutzung der Kernenergie zu empfehlen, gelten unverändert weiter.
Angesichts der immensen Herausforderung, die der Klimawandel für Natur und Gesellschaft darstellt, haben sich 2007 über 100 Nicht-Regierungs-Organisationen und Institutionen aus dem kirchlichen Bereich zu einem Bündnis zusammengeschlossen: der Klima-Allianz.[xxiv] Mit diesem Bündnis sollte die Gemeinsamkeit der beteiligten Organisationen im Blick auf ihre Positionen im Klimaschutz gestärkt werden, indem sie sich mit dieser Plattform zusammen dafür einsetzen, dass politische Rahmenbedingungen geschaffen werden, die eine drastische Senkung der Treibhausgase in Deutschland bewirken. Da Deutschland als große Industrienation mit überdurchschnittlichem Pro-Kopf-Ausstoß an CO2 maßgeblich zur bisherigen Erderwärmung beigetragen hat, sei eine Minderung von 40 Prozent bis zum Jahr 2020, im Vergleich zu dem Niveau von 1990, erforderlich, um zur Begrenzung der weltweiten Erwärmung auf unter 2° C beizutragen. Darüberhinaus müsse Deutschland nach dem Verursacherprinzip für die Kosten von Klimaschäden und Anpassungsmaßnahmen in den besonders betroffenen Entwicklungsländern aufkommen.
Aus dem Bereich der Kirchen und kirchlichen
Institutionen sind Mitglieder der Klimaallianz: Evangelische Landeskirche
Baden, Evangelische Kirche von Kurhessen-Waldeck, Evangelische Kirche Rheinland,
Evangelische Kirche von Westfalen, Evangelische Kirche in Mitteldeutschland,
Evangelische Kirche in Hessen und Nassau, Evangelische Landeskirche Anhalts,
Evangelische Kirche der Pfalz, Evangelische Landeskirche in Württemberg, die Arbeitsgemeinschaft
der Umweltbeauftragten der Gliedkirchen der EKD, Brot für die Welt, das Nordelbische
Missionswerk und die Vereinte evangelische Mission, der EED und die FEST.
Die Nordelbische
Kirche, „Brot für die Welt“ und der Evangelische Entwicklungsdienst (EED) haben
die Kampagne „Countdown to Copenhagen“ initiiert.[xxv] Die deutsche Kampagne ist Teil einer weltweiten
ökumenischen Bewegung, an der zahlreiche Partnerorganisationen aus aller Welt
mitmachen. Die Kampagne soll ein Zeichen setzen und das Engagement der Menschen
in den Kirchen und der Zivilgesellschaft unterstützen und mobilisieren. Mit dem
Aktionsaufruf (online und als Postkarte) wird die Bundesregierung aufgefordert,
sich in Kopenhagen für ein gerechtes und ambitioniertes Klimaabkommen
einzusetzen. Der Aufruf ist als Postkarte gedruckt. Höhepunkt der Kampagne in
Deutschland wird die offizielle Übergabe der Unterschriften an die
Bundesregierung Anfang Dezember sein. Während des Weltklimagipfels in
Kopenhagen wird es einen internationalen ökumenischen Gottesdienst geben. Alle
weltweit gesammelten Unterschriften werden bei einem öffentlichen Event an die
politisch Verantwortlichen überreicht.
Die Umweltarbeit der deutschen evangelischen
Kirchen ist eng vernetzt mit den European Christian Environmental Network
(ECEN).[xxvi]
ECEN trifft sich alle zwei Jahre zu einer Vollversammlung und unterhält derzeit
acht verschiedene thematische „Working Coalitions“; davon sind zwei ganz direkt
zu Fragen des Klimaschutzes relevant: die Working Coalition on Climate Change
(Leiterin Mareike van Duijn) und die Working Group on Environmental Management
(Leiter Hans Diefenbacher).
In der internationalen Arbeit zum
Klimaschutz der Kirchen ist auch die entsprechende Stabsstelle im World Council
of Churches sehr produktiv. Der WCC begleitet die COP zum Kyoto-Protokoll seit
Beginn und leistet die Vermittlung der Konzepte ökologischer Gerechtigkeit und
der neueren lateinamerikanischen Debatte um den Begriff der ökologischen
Schuld.
Auf der Ebene konkreter, längerfristiger
Zusammenarbeit können unter anderen folgende Kooperations-Projekte zwischen
deutschen und ausländischen kirchlichen Institutionen zum Thema Klimaschutz
benannt werden:
·
Die Deutsche
Bundesstiftung Umwelt (DBU) hatte sich
2004 bereit erklärt, im Rahmen ihres
Osteuropa-Programms bis zu 50 kirchliche Einrichtungen in Tschechien bei der Einführung
von erneuerbaren Energien zu unterstützen. Die Koordination dieses Programms,
das im April 2004 mit einer Laufzeit von zweieinhalb Jahren begann und im Mai
2007 endete, hat in Tschechien die Orthodoxe Akademie in Vilémov[xxvii]
übernommen, die ein eigenes Zentrum zur Demonstration von Techniken zur Nutzung
erneuerbarer Energien unterhält. Die Forschungsstätte der Evangelischen Studiengemeinschaft
(FEST) fungierte in diesem
Projekt als deutscher Partner und brachte die Erfahrungen aus dem hiesigen
Förderprogramm ein. Nach Anlaufschwierigkeiten ist dieses Projekt mittlerweile
ebenfalls erfolgreich; bislang konnten etwa 40 Anlagen realisiert werden,
weitere 20 sind in Planung. Eine Fortsetzung des Projektes wird im kommenden
Jahr realisiert werden können.
·
In einem
gemeinsamen Brief an den amtierenden Vorsitzenden des Europäischen Rates, den
französischen Präsidenten Nicolas Sarkozy, haben der Erzbischof von Canterbury,
Rowan Williams, der Erzbischof der Kirche von Schweden, Anders Wejryd, und der
Vorsitzende des Rates der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD), Bischof
Wolfgang Huber, im Dezember 2008
davor gewarnt, angesichts der derzeitigen Finanzmarktkrise die Bemühungen um
den Klimaschutz abzuschwächen (siehe Anlage 3). In dem Schreiben, das
auch an Bundeskanzlerin Angela Merkel und die Regierungschefs von Großbritannien
und Schweden geschickt wurde, erklären die drei leitenden Geistlichen, dass die
angestrebte Belebung der Wirtschaft nicht auf Kosten der Förderung einer
nachhaltigen Entwicklung gehen dürfe.
·
Vom 15.
bis 17. Dezember 2008 trafen sich im
Theologischen Studienseminar der VELKD in Pullach Delegationen der lutherischen
Kirche in Schweden und der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD) unter der
Leitung von Erzbischof Anders Wejryd und dem EKD-Ratsvorsitzenden Bischof
Wolfgang Huber (siehe Anlage 4). Die beiden leitenden Geistlichen haben
in Zusammenarbeit mit dem Erzbischof von Canterbury Rowan Williams erneut zu
Fragen des Klimawandels Stellung genommen und sich bei vielen Politikern Gehör
verschafft. Bei der Begegnung unterstrichen sie wieder die Verpflichtung, dass
die Kirchen zu den großen Zukunftsfragen Stellung nehmen. Auch in einer Zeit,
die durch eine krisenhafte Wirtschaftsentwicklung geprägt ist, dürfen die
langfristigen Herausforderungen durch den Klimawandel nicht in den Hintergrund
gedrängt werden.
·
Seit
September 2009 wird von der FEST und dem schwedischen Institut „Etik och energi“[xxviii]
ein Projekt koordiniert, das in den nächsten beiden Jahren so genannte „Twinning
Partnerships“ zwischen Europäischen Kirchen im Klimaschutz durchführen wird: Erfolgreiche
kirchliche Klimaschutzprojekte werden hier auf andere Kirchen in Europa übertragen,
die bislang auf diesem Gebiet noch nicht sehr aktiv sind. Beteiligt sind neben
Deutschland und Schweden auch Kirchen in Polen, Tschechien, Rumänien, Großbritannien
und Frankreich; das Projekt wird unter anderem auch von der DBU gefördert.
Anlage 1
Stellungnahme der Deutschen Bischofskonferenz und
des Rates der Evangelischen Kirche in Deutschland
zur UN-Konferenz für Nachhaltigkeit und Entwicklung
vom 26.8. – 4.9.2002 in Johannesburg („Rio + 10“)
1. Die Deutsche Bischofskonferenz und der Rat der Evangelischen Kirche
in Deutschland (EKD) blicken mit großen Erwartungen auf den Weltgipfel für
nachhaltige Entwicklung, der vom 26. 8. – 4. 9. 2002 in Johannesburg/Südafrika
stattfinden wird. Denn Fortschritte in der Umsetzung einer global nachhaltigen
Entwicklung sind heute eine Überlebensfrage für die Zukunft der Menschheit. In
dem Willen, die Bedürfnisse der heutigen Generation zu befriedigen, ohne die
Lebensgrundlagen künftiger Generationen zu gefährden, müssen wirtschaftliche
Entwicklung, soziale Gerechtigkeit und der Schutz der Umwelt aufeinander
abgestimmt werden.
Die Kirchen haben das
Prinzip der Nachhaltigkeit, das der Weltgipfel in Johannesburg in den Vordergrund
stellt, als Ausdruck christlicher Verantwortung für weltweite, gegenwärtige wie
zukünftige Generationen umfassende Gerechtigkeit angenommen (so beispielsweise
im Gemeinsamen Wort der Kirchen zur wirtschaftlichen und sozialen Lage in
Deutschland vom Februar 1997, in der Schrift „Handeln für die Zukunft der
Schöpfung“ der Deutschen Bischofskonferenz vom Oktober 1998 und der Studie „Ernährungssicherung
und Nachhaltige Entwicklung“ der Kammer der EKD für Entwicklung und Umwelt).
Wir sehen deshalb mit Sorge, dass trotz vielfältiger Bemühungen und einzelner
Fortschritte zehn Jahre nach dem ersten „Weltgipfel“ für Umwelt und Entwicklung
in Rio de Janeiro die notwendige Trendwende zu einer nachhaltigen Entwicklung
noch aussteht:
–
Die
weltweite Kluft zwischen Arm und Reich hat sich weiter vertieft: 1,2 Milliarden
Menschen leben mit weniger als einem US-Dollar pro Tag in extremer Armut; drei
Milliarden Menschen und damit rund die Hälfte der Menschheit leben von weniger
als zwei Dollar pro Tag. 800 Millionen Menschen hungern.
–
Die
Aufmerksamkeit der Öffentlichkeit richtet sich verstärkt auf die
Wettbewerbsbedingungen einer globalisierten Wirtschaft, während ökologische und
entwicklungspolitische Belange politisch weniger wichtig wurden.
–
Die
weniger wahrnehmbaren, oft mit beträchtlicher Zeitverzögerung eintretenden
Auswirkungen menschlichen Handelns auf die Umwelt werden nicht hinreichend
beachtet (z.B. Klimaveränderungen, fortschreitender Verlust von Tier- und Pflanzenarten,
weiterhin steigende Belastung von Böden und Grundwasser). Die ökologischen
Schäden haben ein Ausmaß erreicht, das zu einer dauerhaften, großräumigen und
irreparablen Gefährdung der elementaren Lebensbedingungen des Menschen führen
kann.
–
In
vielen Bereichen werden die durch technische Fortschritte erzielten
Einsparungen durch die direkten und indirekten Folgen des wirtschaftlichen
Wachstums zunichte gemacht (z.B. in den Bereichen Verkehr und Konsum).
2. Es wird in Johannesburg nicht um grundlegend
neue Konzeptionen gehen, sondern um eine konsequente Umsetzung der Beschlüsse
von Rio in Politik, Wirtschaft und Gesellschaft. Die in Rio verabschiedete
Agenda 21, das „Handlungsprogramm für das 21. Jahrhundert“, und die übrigen
Vereinbarungen sind nach wie vor eine unverzichtbare Basis für eine
verantwortliche Zukunftspolitik. Die Evangelische Kirche in Deutschland und die
Deutsche Bischofskonferenz setzen sich für folgende Prioritäten ein und bitten
die deutsche Verhandlungsdelegation in Johannesburg, ihnen Geltung zu verschaffen:
–
für
die Bekämpfung der Armut durch einen
breiten Ansatz der Ernährungssicherung und des nachhaltigen Schutzes von Boden
und Wasser, durch verstärkte Investitionen in Basisdienste der Bildung und des
vorsorgenden Gesundheitsschutzes, durch die Stärkung von Menschenrechten und
der Demokratie sowie durch faire Handelschancen für Entwicklungsländer im
globalen Wirtschaftssystem. Der Zugang zu sauberem Wasser als Voraussetzung für
gesundes Leben, wirtschaftliche Entwicklung und Ernährungssicherung wird im 21.
Jahrhundert zur Schlüsselfrage der Armutsbekämpfung.;
–
für
den globalen Klimaschutz durch
schnelle Ratifikation, Umsetzung und Fortentwicklung des Kyoto-Protokolls, das
eine Verringerung des CO2-Ausstosses der Industrieländer um insgesamt
5,2 % im Vergleich zu 1990 bis zum Jahr 2005 vorsieht. Die Industrienationen
haben hier eine besondere Verantwortung. Die Kirchen unterstützen deshalb die
Initiativen in der Europäischen Union, die für eine Klima- und Energiepolitik
eintreten, die über diesen Minimalkonsens deutlich hinausgeht. Die konsequente
Förderung des Energiesparens, der Energieeffizienz und erneuerbarer Energien in
Deutschland und weltweit ist eine unverzichtbare Basis nachhaltiger
Entwicklung;
–
für
den Aufbau einer ökologisch-sozialen
Marktwirtschaft auf nationaler und globaler Ebene durch wirksame nationale
und internationale Rahmenordnungen und starke internationale Institutionen,
durch aktive Förderung der Nachhaltigkeit von Produktion und Verbrauch in allen
Bereichen und geeignete Kontrollmöglichkeiten, durch mehr Eigenverantwortung
der Unternehmen, durch einen gerechten Ausgleich der von den Familien
erbrachten Leistungen, durch Förderung der heranwachsenden Generation sowie
durch eine verstärkte Partizipation und Bürgerbeteiligung auf allen politischen
Ebenen;
–
für
eine Erhöhung der
Entwicklungsfinanzierung durch verbindliche Regelungen zum Erreichen eines
Anteils von 0,7 % des Bruttosozialprodukts der Industrieländer für öffentliche
Entwicklungshilfe sowie eine breite Umsetzung der 20:20-Initiative, bei der
sich die beteiligten Entwicklungs- und Industrieländer gegenseitig
verpflichten, 20% des Staatshaushaltes bzw. der öffentlichen Entwicklungshilfe
für soziale Grunddienste zu verwenden.
3. Die Kirchen sind in diesen Handlungsfeldern
seit langem engagiert. Sie sehen sich durch die UN-Konferenzen in Rio de Janeiro
und Johannesburg verstärkt in die Pflicht genommen, ihre eigenen Anstrengungen
in diesen Handlungsfeldern konzeptionell wie praktisch weiter zu intensivieren.
Aus den Quellen des christlichen Schöpfungsglaubens und Menschenbildes sowie
durch das Zeugnis des eigenen Handelns können sie die nötigen Kräfte in unserer
Gesellschaft stärken und zur Ermöglichung einer zukunftsfähigen Politik
beitragen. Bei diesem Engagement sind folgende Akzente wesentlich:
–
Wertorientierung: Die christlichen Kirchen treten
für eine weltweite Verständigung über die ethischen Grundlagen einer
nachhaltigen Gesellschaft ein, wozu unter anderem die Anerkennung des Eigenwertes
aller Geschöpfe, das Eintreten für die unbedingte Würde des Menschen, Initiativen
für eine verantwortliche Gestaltung der Globalisierung sowie der Einsatz für
Gerechtigkeit für die Ärmsten und für die künftigen Generationen gehören.
Wesentliche Elemente der nachhaltigen Entwicklung haben die Kirchen im Rahmen
des ökumenischen Prozesses für Frieden, Gerechtigkeit und Bewahrung der
Schöpfung aufgenommen. Das Leitbild der nachhaltigen Entwicklung gehört zum
Kernbestand christlicher Sozialethik. Dessen konkrete Bedeutung muss zusammen
mit anderen ethischen Prinzipien für alle kirchlichen Handlungsfelder ausformuliert
werden. Die Verständigung über die Bedeutung dieses Leitbildes muss auch im
interreligiösen Dialog gesucht werden.
–
Nachhaltiger Lebensstil: Die Kirchen tragen dazu bei, eine
Politik des ökologischen Strukturwandels möglich zu machen, wenn sie immer
wieder aufrufen, den eigenen Lebensstil zu überdenken. Das christliche
Menschenbild bietet vielfältige Ansätze für einen Gewinn an Lebensqualität
durch die Unterscheidung von „gut leben“ und „viel haben“. Ein nachhaltiger Lebensstil
in Verbindung mit entsprechenden Strukturveränderungen im Welthandel ist heute
entscheidend für eine Neuorientierung in den reichen Industrienationen selbst.
–
Beispielhaftes Handeln: Es gehört zu den Zielen
kirchlichen Handelns, mit zahlreichen praktischen Initiativen den
Schöpfungsglauben in alltägliches Handeln zu übersetzen. So gibt es zahlreiche
kirchliche Energiesparprojekte, Richtlinien zum energieeffizienten Bauen und Förderprogramme
zur Nutzung erneuerbarer Energieträger. Kirchliche Entwicklungshilfe orientiert
sich an den Kriterien der Nachhaltigkeit. Zahlreiche Veranstaltungen zu
ökologischen und entwicklungspolitischen Themen finden in kirchlichen
Bildungseinrichtungen statt. Gemeinden und kirchliche Verbände beteiligen sich
an Agenda-21-Prozessen. Derzeit wird deutschlandweit ein ökumenisches Projekt
zum „Kirchlichen Umweltmanagement“ durchgeführt. Es gibt Initiativen für
nachhaltige Lebensstile in Klöstern und Kommunitäten. Viele kirchliche Einrichtungen
kaufen Produkte aus fairem Handel und unterstützen Ansätze der Regionalvermarktung
und der Verarbeitung von Lebensmitteln aus der Region. In der nächsten Zeit
muss es aber gelingen, die vielen Ansätze guter Pilotprojekte in die Breite der
kirchlichen Einrichtungen und Aktivitäten zu übertragen.
Wir
sehen in einer Beteiligung an der Weiterführung des Rio-Prozesses für eine
nachhaltige Entwicklung eine zentrale Verpflichtung und Chance für eine Zukunft
in Solidarität und Gerechtigkeit. Entwicklungs- und Umweltschutzfragen werden
immer mehr zu strategischen Überlebensfragen für die Zukunft der Menschheit.
Ihre Gewährleistung ist vorsorgende Friedenspolitik. Der Rat der Evangelischen
Kirche in Deutschland und die Deutsche Bischofskonferenz setzen sich für die
Ermöglichung einer solchen neuen Politik ein und ermutigen alle Christen, durch
entschlossenes Handeln Zeugnis von der Liebe Gottes zu seiner Schöpfung abzulegen.
Sie fordern die Verhandlungsdelegationen in Johannesburg auf, ein entschiedenes
Zeichen zu setzen und ihrer Verantwortung für die Politik des 21. Jahrhunderts
gerecht zu werden.
Bonn/Hannover,
den 5. Juli 2002
Anlage 2
Pressemitteilung
der EKD
Wolfgang Huber:
Klimaschutz konsequent fortsetzen
EKD fordert
Bundesregierung und Wirtschaft
zu weiterer Senkung der CO2-Emissionen auf
Aus Anlass der aktuellen
Auseinandersetzung um den Emissionshandel fordert der Ratsvorsitzende der
Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD), Bischof Wolfgang Huber, die deutsche
Industrie auf, die freiwillig übernommenen Verpflichtungen zu erfüllen. Wenn die
Deutsche Industrie dem nicht nachkomme, blockiere sie den Beitrag, den
Deutschland für den Erhalt menschenwürdiger Lebensbedingungen auf der Erde
leisten könne und müsse. Er bittet alle Verantwortlichen dringend, von der gegenwärtigen
Blockadehaltung abzugehen.
Wolfgang
Huber erklärt dazu wörtlich:
„Eine
Reduzierung der CO2 Emissionen um 25 Prozent ist das Ziel, auf das
die Bundesrepublik Deutschland sich bereits im Jahr 1992 verpflichtet hat.
Dieses Ziel war – und ist – erreichbar. Die Evangelische Kirche in Deutschland
(EKD) hat sich immer wieder, auch auf internationaler Ebene, für diese
Zielsetzung eingesetzt. In der aktuellen Auseinandersetzung appelliert die EKD
an Wirtschaft und Bundesregierung, die bisherigen Selbstverpflichtungen
weiterhin umzusetzen. Dazu gehört auch eine entsprechende Selbstbindung der
deutschen Wirtschaft aus dem Jahr 1998.
Der
nationale Allokationsplan zur EU-Emissionshandelsrichtlinie muss bis Ende März
2004 vorgelegt werden. Neueste Statistiken deuten darauf hin, dass Deutschland
selbst in den Jahren der wirtschaftlichen Flaute 2000 bis 2002 einen CO2-Emissionszuwachs
erzielt haben könnte. Der unerwartete Zuwachs rührt von einer Verschiebung des
Energiemix in Richtung Braunkohle sowie von hohen Stromexporten her; die
Industrie im engeren Sinne hat ihre Emissionen in dieser Zeit reduziert.
Mit großer
Sorge beobachtet die EKD, dass die deutsche Industrie ihre freiwillige Verpflichtung
auf das Senkungsziel aufkündigen will und zusätzliche kostenlose CO2-Emissionsrechte
fordert. Es ist zu befürchten, dass damit nicht nur das 25 prozentige Reduktionsziel
bis 2005 illusorisch gemacht wird, sondern auch die Verpflichtung zur
Reduzierung von Treibhausgasemissionen gegenstandslos wird, die die Bundesrepublik
Deutschland innerhalb der EU im Rahmen des Kyoto-Protokolls übernommen hat.
Seit einigen
Jahren haben sich die Indizien dafür ganz erheblich verstärkt, dass ein von
Menschen verursachter Klimawandel im Gange ist. Schon heute leiden viele Länder
– vor allem gerade die ärmsten – unter seinen Folgen. In Zukunft werden auch
Europa und Deutschland davon betroffen sein. Klimaschutz ist nicht nur eine
wichtige Aufgabe neben anderen, sondern eine Vorbedingung für verantwortliches
politisches und wirtschaftliches Handeln.
Der deutschen Industrie, insbesondere der Energiewirtschaft, kommt dabei
eine Schlüsselrolle zu. Mit dem Instrument des Emissionshandels wird sie nun in
die Lage versetzt, ihre Verpflichtungen zum Klimaschutz möglichst kostensparend
einzulösen. Wenn sie jetzt nicht einmal mehr die von ihr freiwillig
übernommenen Verpflichtungen erfüllen will, blockiert sie den Beitrag, den
Deutschland für den Erhalt menschenwürdiger Lebensbedingungen auf der Erde
leisten kann und muss. Ich bitte daher alle Verantwortlichen dringend, von der
gegenwärtigen Blockadehaltung abzugehen.“
Für die Richtigkeit
Hannover, 23. März 2004
Pressestelle der EKD
Christof Vetter
Anlage 3
Belebung der
Wirtschaft darf nicht Klimaschutz kosten.
Leitende Geistliche aus Deutschland, England und
Schweden schreiben
an europäische Regierungen, 9.12.2008
In einem
gemeinsamen Brief an den amtierenden Vorsitzenden des Europäischen Rates, den
französischen Präsidenten Nicolas Sarkozy, haben der Erzbischof von Canterbury,
Rowan Williams, der Erzbischof der Kirche von Schweden, Anders Wejryd, und der
Vorsitzende des Rates der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD), Bischof
Wolfgang Huber, davor gewarnt, angesichts der derzeitigen Finanzmarktkrise die
Bemühungen um den Klimaschutz abzuschwächen. In dem Schreiben, das auch an Bundeskanzlerin
Angela Merkel und die Regierungschefs von Großbritannien und Schweden geschickt
wurde, erklären die drei leitenden Geistlichen, dass die angestrebte Belebung
der Wirtschaft nicht auf Kosten der Förderung einer nachhaltigen Entwicklung
gehen dürfe. „Wir rufen unsere Regierungen auf, ihren Einsatz hinsichtlich der
Herausforderung durch den Klimawandel zu verstärken.“ Im Blick auf die
Verhandlungen des Europäischen Rates in Brüssel am 11. und 12. Dezember mahnen
die leitenden Geistlichen die europäischen Regierungen, ,,sicher zu stellen,
dass die Bemühungen um den Klimaschutz durch die Suche nach kurz- und
mittelfristigen Lösungen für augenblickliche wirtschaftliche Probleme nicht an
den Rand gedrängt werden.“
Die Finanzmarkt-, Ernährungs- und Treibstoffkrisen
dieses Jahres hätten die vorherrschenden Wirtschaftsmodelle auf den Prüfstand
gestellt. „Die neue Herausforderung besteht darin zu lernen, im Rahmen der
Möglichkeiten unseres Planeten zu leben; wir müssen uns dieser Herausforderung
mit Realitätssinn, einem Sinn für Gerechtigkeit und einer nüchternen Einschätzung
des Erbes stellen, das wir unseren Kindern und Enkeln hinterlassen.“ Die
Neuausrichtung der Weltwirtschaft zum Beispiel auf Investitionen in „saubere“
Technologien biete viel versprechende Möglichkeiten eines realen und zugleich
nachhaltigen Wachstums. „Die Annahme, dass der Umweltschutz beachtliche
wirtschaftliche Erträge ebenso wie ökologische Gewinne hervorbringt, wird von
Europas eigenen ökologisch orientierten Branchen untermauert, die laut der
Europäischen Kommission (Januar 2008) derzeit einen Umsatz von 227 Milliarden
Euro und 3,4 Millionen Arbeitsplätze vorweisen können.“
In
Gesprächen mit Partnerkirchen in aller Welt, von denen viele unmittel bar von
den Folgen des Klimawandels betroffen sind, sei deutlich geworden, dass Europas
Schritte aufmerksam beobachtet würden. ,,Wir sind deswegen besorgt, dass in dem
Moment, in welchem die globalen Klimaschutzverhandlungen einen kritischen Punkt
erreichen, Europa die derzeitige Finanzmarkt- und Wirtschaftskrise zu benutzen
scheint, um Schlüsselelemente seines eigenen Klimaschutzpaketes abzuschwächen.“
Es gehe nicht um eine Wahl zwischen wirtschaftlichem Wachstum und Umweltschutz,
so die Oberhäupter der anglikanischen Kirche, der lutherischen Kirche von
Schweden und der EKD. „Nachhaltig zu arbeiten für das weltweite Gemeinwohl und
Gottes Schöpfung zu bewahren sind keine Alternativen – es meint ein und dasselbe.“
Die drei
Geistlichen ermutigen dazu, die derzeitige Situation nicht als Bedrohung,
sondern als „historische Chance“ anzusehen, „heute die kohlenstoffarme
Wirtschaft von morgen auf den Weg zu bringen.“ Das Thema Klimawandel werde in
der europäischen Öffentlichkeit als sehr wichtig angesehen. „Wir glauben daher,
dass die Menschen an einen solchen Wandel glauben und ihn unterstützen können.
Seien Sie versichert, dass wir in diesem kritischen Augenblick mit unseren
Gedanken und Gebeten bei Ihnen und den anderen Regierungschefs sein werden.“
Hannover, 9. Dezember 2008
Pressestelle der EKD
Silke Römhild
Anlage 4
Die
Kirche von Schweden und die EKD verstärken Zusammenarbeit beim
Klimaschutz, im Nahen Osten und in Europa, Konsultation in Pullach beendet,
17. Dezember 2008
Vom
15. bis 17. Dezember trafen sich im Theologischen Studienseminar der VELKD in
Pullach Delegationen der lutherischen Kirche in Schweden und der Evangelischen
Kirche in Deutschland (EKD) unter der Leitung von Erzbischof Anders Wejryd und
dem EKD-Ratsvorsitzenden Bischof Wolfgang Huber. Die beiden leitenden
Geistlichen haben in Zusammenarbeit mit dem Erzbischof von Canterbury Rowan Williams
in den letzten Wochen erneut zu Fragen des Klimawandels Stellung genommen und
sich bei vielen Politikern Gehör verschafft. Bei der Begegnung unterstrichen
sie erneut die Verpflichtung, dass die Kirchen zu den großen Zukunftsfragen
Stellung nehmen. Auch in einer Zeit, die durch eine krisenhafte
Wirtschaftsentwicklung geprägt ist, dürfen die langfristigen Herausforderungen
durch den Klimawandel nicht in den Hintergrund gedrängt werden.
Mit
großer Sorge betrachten beide Kirchen die Abwanderung orientalischer Christen
aus dem Nahen und Mittleren Osten. Schweden hat 30.000 irakische Flüchtlinge
aufgenommen, darunter einen erheblichen Teil an Christen. Mit der von der
Europäischen Union beschlossenen Aufnahme eines Kontingents irakischer
Flüchtlinge, die von der EKD ausdrücklich begrüßt wurde, beginnt ein vergleichbarer
Prozess in Deutschland. In Jerusalem will man die bewährte Zusammenarbeit
zwischen dem renommierten Schwedischen Theologischen Institut und dem von der
EKD unterstützten Verein „Studium in Israel“ ausbauen. Dabei liegt ein
besonderer Akzent auf dem interreligiösen Dialog.
Die
Delegationen erörterten die aktuelle Entwicklung in der Konferenz Europäischer
Kirchen (KEK), der über 120 Mitgliedskirchen angehören, darunter die
evangelischen, anglikanischen und orthodoxen Kirchen. Dabei wurde insbesondere
die Vorbereitung der nächsten Vollversammlung der KEK im Juli 2009 in Lyon erörtert.
Die KEK sei ein Instrumentarium aller Mitgliedskirchen; sie dürfe deshalb nicht
vorrangig zum Austragungsort von Problemen einzelner Kirchen werden. Verstärkt
müsse sie sich darauf konzentrieren, die gemeinsamen Anliegen der Kirchen auf
europäischer Ebene zur Geltung zu bringen.
Besondere
Aufmerksamkeit galt der Lage der schwedischen Gemeinden in Deutschland und der
deutschen Gemeinden in Schweden sowie dem Stand des Reformprozesses in der EKD,
der von den schwedischen Teilnehmerinnen und Teilnehmern mit großem Interesse
wahrgenommen wurde.
Die
Konsultationen finden in zweijährigem Abstand statt. In ihrem Vertrag vom 31.
Oktober 2002 haben beide Kirchen volle Kanzel- und Abendmahlsgemeinschaft
vereinbart sowie die wechselseitige Anerkennung der Ordination erklärt.
Hannover,
17. Dezember 2008
Pressestelle der EKD
Silke Römhild
Anlage 5
Hans Diefenbacher, Martin
Held, Matthias Kiefer, Helmut Röscheisen
Thesen zur
zukünftigen Nutzung der Kernenergie
epd-Dokumentation 30/2009, S. 4-5
1. Erleben
wir eine Renaissance der Kernenergienutzung?
These: Noch erleben wir lediglich eine Renaissance der Debatte der Kernenergienutzung, faktisch jedoch keine Renaissance
der Nutzung der Kernenergie.
2. Ist ein
Beitrag der Kernenergie unverzichtbar, um die Klimaveränderung abzuwenden?
These: Die
Kernenergie kann mengenmäßig global keinen entscheidenden Beitrag zur CO2-Reduktion
leisten. Außerdem ist die Kernenergienutzung nicht völlig klimaneutral.
3. Hat sich
mittlerweile die Sicherheit der bestehenden Kernkraftwerke bestätigt?
These: Das Restrisiko eines Unfalls
mit katastrophalen Folgen ist zwar äußerst gering, könnte mit zunehmender
Laufzeit alter Anlagen jedoch ansteigen. Die Schadenshöhe wäre derart groß,
dass selbst sehr niedrige Eintrittswahrscheinlichkeiten nicht akzeptabel erscheinen,
da es andere Möglichkeiten der Energieversorgung gibt.
4. Brauchen wir Kernenergie, um die Versorgungssicherheit in
Deutschland zu gewährleisten?
These:
Das eigentliche Versorgungsrisiko besteht
im Falle eines möglichen schweren Störfalls in einer Kernkraftwerksanlage, da
dann mit hoher Wahrscheinlichkeit alle Kernkraftwerke abgeschaltet würden. Der
wichtigste Beitrag zur Erhöhung der Versorgungssicherheit besteht in einer
drastischen Verringerung des Energieverbrauchs
durch die Einsparung von Energie und durch eine Steigerung der
Energieeffizienz sowie in einem Ausbau der erneuerbaren Energien.
5. Ist die
Kernenergie notwendig, um genügend Zeit für den Ausbau der erneuerbaren Energien
zu haben?
These: Ein
Zeitgewinn durch weitere Kernenergienutzung ist höchst fraglich. Denn dagegen
steht die Tatsache, dass jede weitere Nutzung der Kernenergie den konsequenten
und technologisch wesentlich aussichtsreicheren Umbau auf nachweisbar
zukunftssichere Systeme erneuerbarer Energien, die Steigerung der Energie-Effizienz
und die Energieeinsparung behindert.
6. Ist Strom
für den Verbraucher nur durch Kernenergie erschwinglich?
These: Die
Entwicklung der Kosten der Nutzung der Kernenergie ist in hohem Maße unsicher.
Bereits jetzt sind die Kosten nur aufgrund offener und verdeckter Subventionen
vergleichsweise niedrig. Während erneuerbare Energien im Laufe der Zeit
billiger werden, steigen die Kosten für den Bau von Kernkraftwerken, den Uranabbau
und die Entsorgung erheblich, von möglichen Störfällen und Folgelasten ganz
abgesehen.
7. Ist die Endlagerung hochradioaktiver Abfälle durch Gorleben
gelöst?
These: Die Frage der
Endlagerung ist weder in Deutschland noch weltweit gelöst. Es ist auch keine
rasche Lösung in Sicht. Es gibt derzeit weltweit noch keine geeignete
Endlagerstätte.
8. Wäre es
sinnvoll, wegen der Knappheit der Uranreserven auch eine Debatte um den Einstieg
in die Wiederaufarbeitung neu zu führen?
These: Das Eine bedingt das Andere – und dies auch noch mit negativen Aussichten:
Denn ein Einstieg in die Wiederaufarbeitung würde zwingend den Einstieg in die
Plutoniumswirtschaft bedeuten, die die Produktion von kernwaffenfähigem Material
ermöglicht. Dies ist weder aus Gründen der globalen Sicherheit noch aus Gründen
der Sozialverträglichkeit konsensfähig ist.
9. Lässt sich die Gefahr einer Proliferation
durch verbindliche internationale Abkommen lösen?
These: Schon die Erfahrungen schon aus der Arbeit der bestehenden
Überwachungsinstitutionen zeigen, dass dies wenig wahrscheinlich ist, denn kein
Nuklearzyklus ist vollständig gegen die Proliferation an Staaten oder auch an
terroristische Organisationen zu sichern.
* Prof. Dr. Hans Diefenbacher, stellv. Leiter der Forschungsstätte der Evangelischen Studiengemeinschaft (FEST) Heidelberg, apl. Prof. für Volkswirtschaftslehre an der Universität Heidelberg, hans.diefenbacher@fest-heidelberg.de – OKRin Dr. Renate Knüppel, Referentin für Lebens- und Umweltschutz im Kirchenamt der EKD in Hannover, renate.knueppel@ekd.de
[ii] http://www.ekd.de/EKD-Texte/44676.html
[iii] Vgl. Evangelische Akademie Sachsen-Anhalt (Hrsg.) (2002): Nachhaltigkeit als Aufgabe der Kirchen, Wittenberger Memorandum der Bilanztagung „Von Rio über Johannesburg nach ... „ vom 14. bis 16. Mai 2002, im Internet u.a. unter www.theology.de/downloads/witten1.doc
[iv] Rat der EKD/Deutsche Bischofskonferenz (Hrsg.) (1997); Für eine Zukunft in Solidarität und Gerechtigkeit, Randziffern 122 – 128.
[v] http://www.ekd.de/EKD-Texte/44652.html
[vi] http://www.ekd.de/EKD-Texte/20070530_appell_klimawandel.html
[vii] www.ekd.de/download/klimawandel.pdf
[viii] http://www.ekd.de/synode2008/thema/schwerpunktthema.html dort unter Lesebuch zur Vorbereitung auf das Schwerpunktthema „Klimawandel - Wasserwandel - Lebenswandel“ Vorlage des Vorbereitungsausschusses zum Schwerpunktthema.
[ix] ebenfalls auf der Internetseite http://www.ekd.de/synode2008/thema/schwerpunktthema.html herunterzuladen.
[x] http://www.ekd.de/synode2008/beschluesse/beschluss_schoepfung.html
[xi] Ab Mitte Dezember 2009 über www.fest-heidelberg.de erhältlich.
[xii] http://www.ekd.de/synode2009_ulm/beschluesse/beschluss_klimawandel.html
[xiii] Vgl. Fußnote 7.
[xv] Internet-Quelle
vgl. Fußnote 8.
[xvi] http://www.kate-stuttgart.org/content/e2/e30/
[xvii] http://www.kirchentag.de/das-ist-kirchentag/klimaschutz/umweltmanagement.html?0=
[xviii] http://www.ekd.de/synode2007/presse/pm76_2008_ekd_synode_co2_ausgleich.html – mit Link zum ausführlichen Bericht zur Berechnung der CO2-Emissionen und zum Kompensationsprojekt.
[xix] Diefenbacher, Hans/Rodenhäuser, Dorothee (2009): Die CO2-neutrale Synode - Ein Projektbericht zur Kompensation der CO2-Emissionen der 7. Tagung der Synode der EKD, November 2008 in Bremen Heidelberg: FEST, im Internet unter http://www.ekd.de/synode2008/co2_neutrale_synode.html
[xx] http://www.dbu.de/spunkte/kirchendaecher/projekte.php
[xxi] http://www.zukunft-einkaufen.de/
[xxii] http://www.zukunftsfaehiges-deutschland.de/zukunftsfaehiges_deutschland/die_studie/inhalt_und_aufbau/
[xxiii] Den Wortlaut insgesamt siehe epd-Dokumentation 30/2009.
[xxvi] http://www.ecen.org
[xxvii] http://www.orthodoxa.cz/
[xxviii] http://www.etikochenergi.se/index.html