02.02.2005
Sowohl
das Bundesumweltministerium als auch das bayerische Umweltministerium stehen
den Ergebnissen der Nailaer Ärztestudie zum Thema Mobilfunk skeptisch
gegenüber. Eine Petition der Städte Naila, Schwarzenbach am Wald und Selbitz,
in der diese unter anderem eine Senkung der Grenzwerte bei Mobilfunkmasten
forderten, wird deshalb ohne Folgen bleiben. Das Bundesumweltministerium
schreibt in einer Stellungnahme, dass die Nailaer Studie keinen Zusammenhang
zwischen Krebsfällen und Handymasten beweist. Dr. Horst Eger, Sprecher der an
der Studie beteiligten Ärzte, weist die Kritik zurück.
NAILA – Die als Naila-Studie bekannt gewordene
Untersuchung von Nailaer Ärzten zur erhöhten Krebshäufigkeit im Umkreis einer
Mobilfunkstation in Naila hat tüchtig Staub aufgewirbelt. Im Internet findet
man einige tausend Artikel, in der sie zitiert wird. Wissenschaftler beziehen
sich auf sie.
Von den Ergebnissen der Studie beunruhigt, verabschiedeten
im vergangenen Jahr die Stadträte von Naila, Schwarzenbach am Wald und Selbitz
Petitionen – also Eingaben – an Landtag, Bundestag und das Europäische
Parlament, in denen sie forderten, die Menschen „wirksam vor den gesundheitlichen
Auswirkungen des Mobilfunks“ zu schützen.
Als
erstes hat der Umweltausschuss des bayerischen Landtags eine Antwort gesandt.
Darin bezieht er sich auf ein von Minister Jürgen Trittin unterzeichnetes
Schreiben des Bundesumweltministeriums zur Nailaer Studie. In der Stellungnahme
aus Berlin kommen die Fachleute zu dem Schluss, dass „die vorliegende Studie
...keine Aussagen über den Zusammenhang von Krebsneuerkrankungen“ mit
Mobilfunkstationen zulässt.
Die
Experten des Bundesumweltministeriums listen zahlreiche Punkte auf, warum ihrer
Meinung nach die Ergebnisse der Studie nicht verallgemeinert werden können.
Unter anderem bemängeln sie die methodische Vorgehensweise: So seien nur
Testpersonen in die Studie aufgenommen worden, die in einer der teilnehmenden
Praxen als Patienten registriert waren. Es sei unklar, ob die kassenärztlich
abgerechneten Daten der Hausärzte die einzige Informationsquelle waren und wie
vollständig diese Registrierung war. Außerdem bemängeln sie, dass andere
Risikofaktoren wie Rauchen, Ernährung, Übergewicht oder Beruf nicht
berücksichtigt wurden. Auch die statistische Auswertmethoden der Studie seien
unklar.
„Selbst
wenn alle genannten methodischen Probleme ausgeschlossen werden könnten“, heißt
es in der Stellungnahme des Bundesumweltministeriums weiter, „darf eine
signifikante Abweichung der Krebsinzidenz in einer kleinen Gemeinde nicht
überinterpretiert werden“. Bei über 10000 Gemeinden in Deutschland gebe es
einen natürlichen Schwankungsbereich bei Krebsfällen in den Orten. Extreme
Abweichungen in beide Richtungen kämen vor.
Insgesamt
fünf Punkte listen die Beamten aus dem Bundesumweltministerium auf, wonach
ihrer Meinung die Nailaer Studie keine Rückschlüsse über den Zusammenhang von
Krebserkrankungen und Mobilfunkstationen zulässt. So halten sie es für
unwahrscheinlich, dass alle Tumore eine gemeinsame strahlenbedingte Ursache
haben und sie bemängeln, dass es nicht möglich ist, eine
Dosis-Wirkungs-Beziehung nachzuweisen. „Ergebnisse bisher durchgeführter
epidemiologischer Studien zu HF-EMF (Hochfrequente Elektromagnetische Felder)
zeigen keine belastbare Evidenz (Gewissheit) für ein erhöhtes Krebsrisiko“,
heißt es. Und weiter: „Derzeit gibt es keine plausible Erklärung für einen zu
Grunde liegenden biologischen Wirkungsmechanismus“.
Solche
Studien seien prinzipiell nur sinnvoll, schreibt das Berliner
Umweltministerium, wenn nicht Patientendaten, sondern Daten von vollständigen
Krebsregistern verwendet und andere Risikofaktoren erfasst würden.
Auf
diese Stellungnahme aus Berlin und eine ebenfalls ablehnende aus dem
bayerischen Umweltministerium bezog sich der bayerische Umweltausschuss in
seiner Sitzung. Der Ausschuss lehnte es mit den Stimmen von CSU und SPD und bei
Enthaltung der Grünen ab, sich weiter mit dem Thema zu beschäftigen. Unter
anderem hatten die drei oberfränkischen Städte eine Senkung des Grenzwertes für
die Leistung von Mobilfunkanlagen, eine rechtlich verbindliche Beteiligung der
Kommunen und der Bürger bei der Errichtung von Handysendern und eine
Aufklärungspflicht der Hersteller und Mobilfunkbetreiber über die Gefahren von
Handys, schnurlosen DECT-Telefonen und Wireless-LAN-Anlagen gefordert.
Dr.
Horst Eger sagte auf Anfrage unserer Zeitung zu der Stellungnahme aus Berlin,
er bedauere, dass man offenbar nicht genau nachschauen wolle, sondern die Augen
fest zumache. Das Bundesumweltministerium kritisiere an der Nailaer Arbeit
„kleinmethodische Sachen“, könne aber keine eigene Studie zur Befindlichkeit
von Menschen in der Nähe von Mobilfunkmasten vorlegen: „Ich hätte mir eine
Stellungnahme gewünscht, in der steht, dass bereits bei den ersten
Mobilfunkmasten genau nachgeschaut wurde, wie es den Leuten in der Umgebung
gesundheitlich geht. Aber es gibt keine derartige offizielle Arbeit in
Deutschland“, so der Nailaer Arzt. Stattdessen ziehe man sich auf die Position
zurück: „Weil wir keinen Wirkmechanismus kennen, kann es auch nicht sein.“ schn
http://www.frankenpost.de/nachrichten/regional/resyart.phtm?id=748645