Klimaschutz Jetzt!
März 2007
Wir brauchen eine breite
gesellschaftliche Bewegung für konsequenten Klimaschutz. Immer wieder wird
Klimapolitik
von kurzsichtigen Interessen
blockiert. Diese Blockaden wollen wir überwinden.
Die
Klimaallianz ruft die Bundesregierung, die Landesregierungen, die Unternehmen,
die Gewerkschaften, die Verbände, Städte und Gemeinden und alle Bürgerinnen und
Bürger dazu auf, mit dem Klimaschutz ernst zu machen: in der Politik wie auch
im persönlichen Einflussbereich.
Die Zeit
drängt. Der Klimawandel hat bereits eingesetzt. Eine neue
Klima- und Energiepolitik duldet keinen weiteren Aufschub. Die Zeit ist reif
für einen gesellschaftlichen Aufbruch.
Klimawandel
und globale Gerechtigkeit – Herausforderungen für das 21. Jahrhundert
Der
Klimawandel trifft Mensch und Natur weltweit in einem Ausmaß, das historisch
ohne Beispiel ist. Die Lebensgrundlagen und das Wohlergehen von Millionen
Menschen, besonders in den Entwicklungsländern,
sind extrem gefährdet.
Der
Klimawandel ist kein Schicksal; er ist Folge eines Mangels an Verantwortung,
ein Mangel an Gerechtigkeit gegenüber den besonders betroffenen Menschen in
Entwicklungsländern, den indigenen Völkern, nachfolgenden Generationen und der
Schöpfung. Die Bekämpfung des Klimawandels ist der zentrale Prüfstein für eine
solidarische Weltgesellschaft; eine Weltgesellschaft, die lernen muss, mit den
allen Menschen zur Verfügung stehenden Gemeinschaftsgütern
verantwortungsbewusst und gerecht umzugehen.
Die
Industrieländer sind die Hauptverantwortlichen für eine Entwicklung, bei der im
Interesse kurzfristiger materieller Gewinne und einer ressourcenintensiven
Lebensweise die ökologischen Begrenzungen missachtet wurden. Daher müssen nach
dem Verursacherprinzip die für den Klimawandel verantwortlichen Länder,
Unternehmen und Konsumenten für die Klimaschäden und die Kosten der Anpassung
in den besonders betroffenen Entwicklungsländern aufkommen. Diese haben zudem –
ergänzend zu ihren eigenen Anstrengungen – Anspruch auf Unterstützung beim
Aufbau einer klimaverträglichen Energieversorgung. Dabei geht es nicht um
Almosen, sondern um Gerechtigkeit.
(A)
Das eigene Haus in Ordnung bringen:
konsequenter Klimaschutz in Deutschland
Vorausschauende
und verantwortliche Politik bedeutet, dass
Deutschland den Ausstoß der Treibhausgase bis 2020 um 40 Prozent – bezogen auf
das Niveau von 1990 – reduzieren muss. Die Wirtschaft braucht klare,
langfristige und verbindliche politische Rahmenbedingungen, um diese
Reduktionsziele zu erreichen. Eine konsequente Antwort auf den Klimawandel wird
sich wirtschaftlich auszahlen, durch die Schaffung zukunftsfähiger Arbeitsplätze
und die Vermeidung von Klimaschäden. Darüber hinaus muss sich Deutschland in
der EU für konsequenten Klimaschutz einsetzen.
1. Vorfahrt für Energieeinsparung
und effiziente Energienutzung durch
-
Verringerung des
Stromverbrauchs um jährlich mindestens ein Prozent;
-
energetische
Sanierung von drei Prozent aller Altbauten pro Jahr.
2. Vorrang für eine Klima
schonende, dezentrale Stromerzeugung durch
-
die Beendigung der
Benachteiligung von Gaskraftwerken im Vergleich zu Kohlekraftwerken im
Emissionshandel;
-
Verdreifachung des
Anteils der hocheffizienten Kraft-Wärme-Kälte-Kopplung auf Basis von
erneuerbaren Energien und Erdgas bis 2020;
-
ein Moratorium für
den Bau neuer Kohlekraftwerke, um den Aufbau einer klimaverträglichen
Energieversorgung nicht zu behindern.
-
die
beschleunigte und kritische wissenschaftliche Klärung der Frage, ob und
inwieweit international Technologien zur dauerhaften und sicheren Speicherung
von Kohlendioxid zum Klimaschutz beitragen können, ohne den Ausbau erneuerbarer
Energien und der Energieeffizienz zu behindern.
3. Ausstieg aus der hochriskanten
Atomenergienutzung durch
-
die möglichst
schnelle Abschaltung der Atomkraftwerke
-
bei gleichzeitig
strenger sicherheitstechnischer Überwachung und eine gegebenenfalls notwendige
Nachrüstung der Atomkraftwerke in der verbleibenden Restlaufzeit.
4. Zügiger Ausbau der erneuerbaren
Energien durch
-
eine konsequente
Weiterentwicklung des Erneuerbare-Energien-Gesetzes (EEG) im Strombereich;
-
ein Fördergesetz für
die erneuerbaren Energien im Bereich Gebäudeheizung, -kühlung und
Warmwasserbereitung.
5. Eindämmung des
Emissionswachstums im Verkehr durch
-
strenge gesetzliche
Verbrauchsgrenzwerte für Kraftfahrzeuge;
-
ein generelles
Tempolimit auf Autobahnen (120 km/h);
-
eine stärkere
staatliche Förderung des Öffentlichen Personenverkehrs;
-
die effektive
Einbeziehung des Flugverkehrs in den europäischen Emissionshandel;
-
die Einführung einer
Kerosinsteuer.
6. Nutzung finanzpolitischer
Anreize für die Klimapolitik durch
-
die Besteuerung von
Ressourcen und gleichzeitig eine sozial ausgewogene Senkung von Steuern und
Abgaben auf den Faktor Arbeit;
-
den konsequenten
Abbau klimaschädlicher Subventionen;
-
die Versteigerung der
Emissionsrechte im Emissionshandel.
(B) Verantwortung in der Welt
übernehmen
Als
große Industrienation gehört Deutschland zu den Hauptverursachern des
Klimawandels. Beim Pro-Kopf-Ausstoß an Treibhausgasen liegt Deutschland um das
2,5fache über dem weltweiten Durchschnitt. Deutschland erwächst daraus eine
globale Verantwortung. Es muss die Entwicklungsländer und die besonders
betroffenen Bevölkerungsgruppen in ihren Bemühungen politisch und finanziell
unterstützen, Klimaschutz (durch erneuerbare Energien, Energieeffizienz,
Walderhalt) und Anpassung an die Folgen des Klimawandels voranzubringen.
Gleichzeitig sind rasche Fortschritte in der Armutsbekämpfung notwendig.
Wir rufen die deutsche
Bundesregierung zu folgenden Maßnahmen auf:
7. Zusätzliche
Finanzierung für Armutsbekämpfung, Klimaschutz- und Klimaanpassungsmaßnahmen in
Entwicklungsländern durch
-
einen verbindlichen
jährlichen Stufenplan, um den Anteil der Entwicklungshilfe am Bruttonationaleinkommen,
insbesondere durch Steigerung der Haushaltsmittel, auf 0,7% bis 2015 zu
erhöhen;
-
die Einführung neuer
Finanzierungsinstrumente wie z.B. einer Flugticketabgabe, einer Devisentransaktionssteuer,
der Versteigerung von Zertifikaten im Emissionshandel und einer Kerosinsteuer.
8. Förderung einer
klimafreundlichen Energiepolitik in den Entwicklungsländern durch
-
eine aktive
Einflussnahme auf nationale und internationale entwicklungspolitische Finanzinstitutionen
(KfW, Weltbank, IWF), damit diese ihre Förder- und Anreizpolitik weg von
fossilen und nuklearen Energien zugunsten erneuerbarer, dezentraler Energieträger
und Energieeffizienztechnologien umgestalten;
-
die Schaffung
geeigneter Rahmenbedingungen für eine schnelle Verbreitung von Know-how und
technischen Fertigkeiten in Entwicklungsländern für erneuerbare Energie- und
Energieeffizienztechnologien;
9.
Unterstützung der Entwicklungsländer bei der Bewältigung der Folgen des Klimawandels
durch
-
die Ausweitung der
entwicklungspolitischen Zusammenarbeit und die Einbeziehung klimapolitischer
Ziele in Armutsbekämpfungs- und Entwicklungsstrategien;
-
die konsequente
Integration von Anpassung und Katastrophenvorsorge in nationale und internationale Maßnahmen der Entwicklungspolitik und
ihrer Finanzinstitutionen sowie der Armutsbekämpfung;
-
die gezielte
Unterstützung lokaler Gemeinschaften und indigener Völker zur eigenständigen
Anpassung;
-
die konsequente
Ausrichtung der deutschen und europäischen Entwicklungs-, Außen- und
Handelspolitik auf das gemeinsame Ziel einer wirksamen, nachhaltigen Armutsbekämpfung.